Digitale Beweismittel

Digitale Beweismittel: Wie geht man mit digitalen Beweismitteln (richtig) um? Diese Frage ist allgegenwärtig und leider kaum Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen: Es gibt nur eine extrem überschaubare Anzahl von Aufsätzen zum Thema, gerichtliche Entscheidungen sind noch seltener. Dabei drängt sich gerade mit der zunehmenden Digitalisierung des Prozesswesens diese Frage auf.

Vor allem eine Frage ist inzwischen ebenso drängend wie vollkommen aus dem Fokus geraten: Was ist ein digitales Beweismittel? In diesem Beitrag gehe ich auf die wesentlichen Problembereiche rund um digitale Beweismittel ein, ich widme dabei einen wesentlichen Teil meines Alltags rund um technische und rechtliche Fragen von IT-Forensik und digitaler Beweismittel.

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Digitale Beweismittel: Schlichte Vorlage von Excel-Datenblättern

Dass die schlichte Vorlage von Excel-Ausdrucken kein geeigneter Beweis sein kann hat das Landesarbeitsgericht Köln, 6 Sa 723/20, einem Unternehmen ins Stammbuch geschrieben. Hier ging es darum, ob ein gekündigter Mitarbeiter – der sich gegen die Kündigung wehrte – Fake-Kunden angelegt hat, um darüber in die eigene Tasche zu wirtschaften. Das beklagte Unternehmen wollte nun, auf Basis ausgedruckter Excel-Datenblätter und mittels selbst angefertigter Screenshots die Täterschaft des Mitarbeiters nachweisen. Was vorhersehbar scheiterte.

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Digitale Beweismittel: Auswahl einzelner Beweismittel nach Kriterien

Bei digitalen Beweismitteln ergibt sich relativ schnell ein Problem für Ermittler, etwa wenn nur bestimmte Informationen aus umfangreichen Datenbanken benötigt werden. Die Frage ist dann, ob bei einer Durchsuchung – etwa beim Provider – verlangt werden kann, dass eine Aufarbeitung der Daten erfolgt. Seit einer früheren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist dies nun geklärt.

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Der BGH zum „Lügendetektor“

Die deutsche Rechtsprechung mag den Polygraphen (so genannter „Lügendetektor“) nicht – aus gutem Grund: Entgegen dem, was einem in amerikanischen Filmen und zweifelhaften Talkshows vermittelt wird, gibt es erhebliche Zweifel an der Beweiseignung des „Lügendetektors“, der letztlich gerade nicht feststellt, ob jemand lügt, sondern körperliche Entwicklungen aufzuzeichenn versucht, die ihrerseits von einem „Experten“ gedeutet werden. Der Fehlerhaftigkeit und Willkür ist hier Tür und Tor geöffnet.

Insofern sollte es nicht verwundern, dass der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit (1954 und 1998) den „Lügendetektor“ als Beweismittel abgelehnt hat. Da die Entscheidungen schon älter sind, liegt es nahe, zu fragen, ob aktuelle Entwicklungen eine neue Sicht der Dinge fordern. Der BGH (1 StR 509/10) hat sich nun erneut mit dem Thema beschäftigt – und kommt zu keinem neuen Ergebnis. Man sieht weiterhin kein geeignetes wissenschaftliches Fundament, um Polygraphen als geeignetes Beweismittel heranzuziehen – auch nicht über den Umweg, dass man denjenigen, der die Daten des Polygraphen „auswertet“ als Sachverständigen anhört.

Im Fazit bleibt es dabei: Der so genannte „Lügendetektor“ ist kritisch zu sehen, sicherlich auch wegen der auf der Hand liegenden Manipulationsmöglichkeiten bereits im Meßvorgang, von den Fehlerquellen bei der „deutung“ ganz zu schweigen. Umso kritischer muss man sehen, wie dem – naiven – Fernsehkonsumenten im Nachmittags-Talk-Programm demonstriert wird, dass sich anhand solcher „Tests“ absolute und über alle Zweifel erhabene Wahrheiten ermitteln lassen. So einfach ist es nicht – und wird es auf absehbare Zeit auch nicht sein.

Zum Thema:

  • Auf der Suche nach absoluter Wahrheit geht man auch (zweifelhafte) neue Wege – etwa über Gehirnscanner, die in der Tat auch in mindestens einem Fall schon zu einer Verurteilung führten, wie u.a. bei der SZ zu lesen war. Auch hier sollte man sich vom Wissenschaftlichen Schein nicht verführen lassen – letzten Endes ist die Auswertung eine Deutung die einem Ratespiel gleich kommt. Wer in solchen Methoden die Lösung aller Probleme sucht, betreibt letzten Endes nichts anderes als digitales Voodoo.

Digital am Arbeitsplatz: Arbeitgeber darf in Chat-Protokollen schnüffeln

Das Landesarbeitsgericht Hamm (14 Sa 1711/10) hat entschieden, dass der Chef sprichwörtlich in Chat-Protokollen schnüffeln darf – wenn er es vorher angekündigt hat. Es ist dabei für das LAG gleichgültig, ob vielleicht gegen einer der vielen Verbotsvorschriften verstoßen wurde, die in Betracht kommen könnten – etwa § 206 StGB, § 88 TKG. § 32 BDSG und § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG.

Jedenfalls ergibt dies dann kein Beweisverwertungsverbot, wenn

„der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern lediglich eine gelegentliche private Nutzung elektronischer Ressourcen gestattet und zugleich darauf hinweist, dass bei einer Abwicklung persönlicher Angelegenheiten auf elektronischen Geräten und über das Netzwerk der Mitarbeiter keine Vertraulichkeit erwarten und der Arbeitgeber die Nutzung überwachen und bei gegebener Notwendigkeit die Daten einsehen kann, die der Mitarbeiter anlegt oder mit anderen austauscht.“

Hier wird im Ergebnis die Vertraulichkeit der Kommunikation derart eingeschränkt, dass der Arbeitnehmer mit dem LAG einfach damit rechnen muss, dass die „Spuren die er hinterlässt“ in einem Prozess gegen ihn verwendet werden. Dies jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer seinerseits strafrechtlich relevantes Verhalten gegenüber seinem Arbeitgeber entwickelt. Die Sache liegt inzwischen dem Bundesarbeitsgericht vor.

Dazu auch bei uns:

Videoüberwachung: Rechtsprechungsübersicht zur Kameraüberwachung

Kameraüberwachung: In diesem Artikel finden Sie eine kurze juristische Gesamtschau zum Thema „Kameraüberwachung“. Es geht darum, einen sehr kurzen Überblick über das komplexe Thema zu vermitteln und auch ein wenig Sensibilität zu erzeugen. Neben einer kurzen Darstellung rechtlicher Grundlagen finden Sie eine ausgewählte Rechtsprechungsübersicht, Ausführungen zu Streitigkeiten mit Mietern, Nachbarn und Disco-Betreibern.

Dieser Beitrag wird laufend aktualisiert. Trotz seines Umfangs kann er nur als Überblick verstanden werden, die Rechtsprechung ist fliessend und orientiert sich am Einzelfall. Gerade im geschäftlichen Bereich gilt zunehmend, dass Sie jedenfalls vor einschneidenden Maßnahmen eine rechtliche Prüfung heran ziehen sollten.

Beachten Sie: Neben diesem Artikel gibt es noch einen Beitrag bei uns, in dem ohne Rechtsprechung ein Überblick über die Zulässigkeit von Videoüberwachungs-Maßnahmen geboten wird.

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Versteckte Videoüberwachung von Arbeitnehmern: Kein Beweisverwertungsverbot

Die versteckte Überwachung eines Arbeitnehmers ist zur Aufklärung von Straftaten durch diesen zulässig. Auch der Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (hier §6b BDSG) führt insofern nicht zwingend zu einem Beweisverwertungsverbot, so das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 153/11).

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OLG Brandenburg zu Encrochat: Kein Beweisverwertungsverbot

Das OLG Brandenburg (2 Ws 102/21, 2 Ws 94/21, 2 Ws 96/21 und 2 Ws 113/21) hat sich in mehreren Entscheidungen zum Thema Encrochat positioniert und damit klar gestellt, dass die Verwertung von durch die französischen Ermittlungsbehörden im Kontext der Überwachung des Dienstleistungsanbieters für sogenannte Krypto-Handys (EncroChat) durch Entschlüsselung von Chat-Nachrichten gewonnenen Daten keinem Verbot unterliegen.

Das OLG teilt ausdrücklich die hierzu in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene und von mir hier im Blog umfangreich geschilderte Auffassung – und folgt ganz ausdrücklich nicht der entgegenstehenden Entscheidung des Landgerichts Berlin, die inzwischen vom KG aufgehoben wurde.

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Angriff auf Cellebrite

In einem beachtlichen Blog-Posting teilen die Macher hinter Signal mit, man habe die IT-Forensische Software von Cellebrite gehackt. Doch man belässt es nicht dabei, sondern formuliert einen durchdachten und mehr oder minder subtilen Angriff auf Cellebrite, der nicht ignoriert bleiben dürfte.

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Einziehung von Festplatte

Die Einziehung von Festplatten ist ein Dauerbrenner im Bereich des Cybercrime. Ich konnte nun endlich im Rahmen einer Revision beim Bundesgerichtshof (2 StR 461/20) eine Auseinandersetzung mit der letzten Rechtsprechung des 6. Senats herbeiführen – wo man bestätigte dass für die Einziehung ausreichend ist, dass die Möglichkeit dauerhafter Löschung nicht ersichtlich ist.

Dazu auch bei uns:

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