Untersagung der Sichtung & Auswertung von Beweisgegenständen, die im Rahmen einer Durchsuchung sichergestellt worden waren

In dem Fall, der Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit dem Aktenzeichen 2 BvR 200/14 war, ging es um die Untersagung der Sichtung und Auswertung von Beweisgegenständen, die im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung sichergestellt worden waren. Das BVerfG erließ eine einstweilige Anordnung, die diese Sichtung und Auswertung bis zur endgültigen Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde – längstens für die Dauer von sechs Monaten – untersagte.

Der Kern dieser Entscheidung liegt in der Abwägung zwischen den Folgen für das Ermittlungsverfahren und den möglichen irreparablen Nachteilen für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Beschwerdeführers, ein Grundrecht, das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verankert ist.

Hintergrund des Falls

  1. Ermittlungsverfahren: Gegen den Beschwerdeführer wurde wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Schriften ermittelt. Ausgangspunkt war der Erwerb einer DVD mit kinderpornographischen Inhalten im Jahr 2007, der später im Rahmen eines anderen Ermittlungsverfahrens aufgedeckt wurde.
  2. Durchsuchungsbeschluss und -durchführung: Ein Durchsuchungsbeschluss wurde auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom Amtsgericht Gießen erlassen und die Durchsuchung erfolgte im September 2013. Dabei wurden Beweisgegenstände sichergestellt.
  3. Rechtliche Einwände: Der Beschwerdeführer legte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss ein und rügte die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG.

Entscheidung des BVerfG

Das BVerfG sah die Verfassungsbeschwerde weder als unzulässig noch als offensichtlich unbegründet an. Insbesondere wurde die mögliche Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als schwerwiegender irreparabler Nachteil angesehen, sollte die Auswertung der Beweismittel fortgesetzt werden.

Folgenabwägung

  • Bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung: Würde die Verfassungsbeschwerde später als begründet angesehen, hätte die Auswertung der Beweismittel bereits zu einem irreparablen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geführt.
  • Bei Erlass der einstweiligen Anordnung: Wäre die Verfassungsbeschwerde später unbegründet, würde dies lediglich eine Verzögerung im Ermittlungsverfahren bedeuten, ohne den Strafanspruch des Staates wesentlich zu beeinträchtigen.

Schlussfolgerung

Das BVerfG entschied, dass die drohenden irreparablen Nachteile für den Beschwerdeführer schwerer wiegen als die bloße Verzögerung des Ermittlungsverfahrens. Daher wurde die einstweilige Anordnung erlassen, um die Sichtung und Auswertung der Beweisgegenstände vorläufig zu untersagen.

Diese Entscheidung verdeutlicht das hohe Gewicht, das das BVerfG dem Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beimisst, insbesondere im Kontext strafrechtlicher Ermittlungen und der damit verbundenen Durchsuchungsmaßnahmen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (IT-Fachanwalt & Strafverteidiger)
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